Letzte Woche war es mal wieder so weit – ein neues Bijoux in meiner „dumm gelaufen“-Sammlung.
Ich versuche, die Fliegerei seriös und fehlerlos zu betreiben. „Versuche“ schreibe ich deshalb, weil es nicht immer ganz gelingt. – Ein Beispiel:
Längere Zeit bereits brevetiert, war ich mal wieder am Übungshang, um den Start bei wenig Wind mit einem Tandem zu üben. Beim Hochlaufen beobachte ich einen Schüler, der sich nicht richtig angegurtet hatte, und zum Glück seinen Start noch abbrechen kann, bevor er aus dem Gurtzeug fällt. „Hätte er den 5-Punkte-Check gemacht, wäre ihm das nicht passiert“, denke ich mir, und weiter: „Mir kann das nicht passieren, denn ich mache ja immer einen 5-Punkte-Check.“ Ahnst du es schon, lieber Leser? Ich komme oben an, mache mich parat, laufe los, … und oooh ooooh … bin nicht richtig angegurtet.
Ich schätze mich glücklich, dass ich die Quittung für meine falsche Selbsteinschätzung so unmittelbar bekomme, und die Konsequenzen harmlos bleiben. Seit dieser kleinen Lektion ist mir wieder bewusst, dass auch ich Fehler mache. Die Fluggötter erfinden unermüdlich neue Gemeinheiten, um meine Aviatik-Tauglichkeit auf die Probe zu stellen.
Letztes Wochenende war es wieder so weit. Beim Firmenausflug nach Grindelwald gab’s am Samstag zwei Flüge von der First. Der erste – siehe Bild vom Startplatzüberflug – sogar mit Thermik. Beim zweiten Flug hatte ich weniger Freude, und das lag nicht nur am Thermikmangel. Kurz nach dem Start fällt mir nämlich auf, dass der Beschleuniger auf der linken Seite nicht frei läuft. Ich hatte es geschafft, den Brustgurt unterhalb des Beschleunigers zu schliessen, und dies auch beim Check nicht bemerkt. Soweit zu Fehler eins.
Ohne Beschleuniger kann ich den Geschwindigkeitsbereich nicht ausfliegen, bin ich nur halb so manövrierfähig. Das mag ich gar nicht. Ohne lang zu überlegen (Fehler zwei), lasse ich die Bremsen los, öffne den Brustgurt, führe ihn oberhalb der Beschleunigerleine herum und schliesse ihn wieder.
Fast. Denn das geht am Boden sehr leicht, aber in der Luft, am Schirm hängend, gar nicht mehr gut: die Karabiner ziehen den Sitz in die Breite, meine Kraft reicht nicht aus, die Enden des Brustgurtes zusammenzuführen. Erst als ich die Arme aussen um die Traggurte herum führe und mit der Armkraft die Gurten zusammendrücken kann, kann ich die Schnalle schliessen.
Fast. Es braucht mehrere Anläufe, bis ich die beiden Enden mit der erforderlichen Genauigkeit ineinanderschieben kann. Etwa zehn Minuten dauert die ganze Aktion. Dabei war die Luft ruhig, und andere Piloten nicht in der Nähe. (Nur Bäume.)
Nun, es ist wieder mal gut ausgegangen. Und ich habe sogar etwas Übung im Brustgurt-in-der-Luft-schliessen gewonnen… – Zum Schluss noch zwei Gratis-Tipps an den geneigten Leser:
1) Mache vor jedem Start den 5-Punkte-Check. Immer. Auch noch in 100 Jahren, auch noch nach 9999 Flügen.
2) Mache in jedem Flug den In-Flight-Check. Der gehört leider nicht zum Gleitschirm-Schulungsrepertoire in der Schweiz, ist aber mindestens genauso nützlich wie sein Bruder am Boden. Meinen In-Flight-Check führe ich aus, sobald ich sicher in der Luft bin – Abstand vom Boden, vor mir keine Hindernisse, möglichst vor der ersten Thermik. Er beinhaltet drei Punkte:
a) Kontrollblick hinauf: Leinen knotenfrei, Tuch offen?
b) Griff zum Notschirm: sitzt er da, wo er sein sollte?
c) Beschleuniger einmal antreten: läuft er frei?
Diese Routine hat mir schon oft genützt. Gelernt habe ich sie von Adi Hunziker, einem meiner Fluglehrer, dem ich sehr, sehr dankbar dafür bin.