Der letzte Flugtag beginnt feucht. Bei 8/8 Bewölkung und einer Basis von rund 1200 m fliegt eine kleine Gruppe um 9 Uhr Richtung Madalena ab. Mit dabei: Thomas, Dominic, Roland, Alfredo und Wolf. Erwartungsgemäss kommen wir nur langsam voran. Ich bin erstaunt, dass wir überhaupt Thermik finden. Einer nach dem anderen hat Pech, und muss landen gehen. Nach dem „T-Berg“ sind nur noch Roland und ich von unserer Gruppe unterwegs.
Immer noch 100% abgeschattet, labilisiert die Luft nun merklich. 25 km vor Madalena erwische ich eine Thermik mit 4 m/s – meine schönste Thermik während der ganzen zwei Wochen. Ich komme nun zügig voran, und sehe Roland immer ein paar Kilometer hinter mir. Über Funk höre ich, dass sich die nächste Gruppe zum Abflug vom Startberg bereit macht. Kurz vor Madalena durchbrechen die ersten Sonnenstrahlen die Wolkendecke. Nun müsste es doch eigentlich leichter werden?!
Denkste… bei Madalena finde ich den Anschluss nicht, und werde auch an diesem Tag frühzeitig gelandet.
Der letzte Flug führt bei 8/8 Bewölkung über 74 km nach Madalena
Zwei Wochen Quixadá sind vorbei. Ich freue mich tatsächlich auf die Rückkehr in die kalte, neblige Schweiz. Dieses Fluggebiet hat mein Herz nicht erobert. Zu viel Wind, die Thermik zu turbulent, die Flüge zu kurz, die Landungen zu rauh. Vor allem, wenn man – wie ich meist – zur aktivsten Zeit des Tages zu Boden muss. Zwar konnte ich fast jeden Tag fliegen, doch keiner der Flüge war nur annähernd so lang oder so weit, wie ich mir das erhofft hatte.
Doch da ist auch eine andere Seite. Ich kam, sah, und siegte nicht. Statt dessen gab und gibt es in Quixadá viel für mich zu lernen.
Die Bedingungen habe ich in den zwei Wochen nicht zu lesen gelernt. Auch die Locals haben damit übrigens Mühe. Am einfachsten probiert man es halt, und schaut dann, wie es kommt… Die Wettervorhersagen sind meist nutzlos, egal von welchem Provider. Selten stimmte der Bewölkungsgrad mit den Vorhersagen überein. Die Hauptwindrichtung wurde zwar immer richtig angesagt, aber das ist auch einfach: Ost. Für die Routenplanung am Morgen wüsste man es gerne genauer, vor allem auch die Stärken und Richtungen in unterschiedlichen Höhen. Wir haben Tage mit starkem Höhenwind erlebt, aber auch Tage, in denen der Wind nach oben immer schwächer wurde.
An manchen Tagen konnte man bereits um 8:30 Uhr auf Strecke gehen, an anderen war ein Abflug vom Startplatzberg vor 10 Uhr die sichere Option zur schnellen Landung. Erkannt habe ich dies vorher nie. Viele Tage begannen mit starken Abschattungen. Das sind die verheissungsvollen Tage. Wenn die Sonne sich durchsetzt, gibt es an diesen feuchteren Tagen eine Chance, dass nicht ruckzuck alle Wölkchen verschwinden. Doch nicht jeder feuchte Tag ist auch ein guter Tag, das wäre zu einfach. Oft habe ich mir ein Emagramm gewünscht, um die Luftschichtung eines Tages besser einschätzen zu können. Voraussichtliche Basishöhe? Tja, mal sehen. – Die Wechsel im Tagesgang rechtzeitig zu erkennen und meinen Stil darauf einzustellen, ist mir bis zum Schluss nicht gelungen.
Die Orientierung in diesem Gelände habe ich mir zu einfach vorgestellt. Gewohnt, beim Wettkampffliegen mit allen nötigen Informationen versorgt zu werden, habe ich mich im Vorfeld zu wenig selbst um (elektronisches) Kartenmaterial, Wegpunkte und Routen gekümmert. Das Strassen- und Wegnetz ist an vielen Stellen spärlich, der weitere Verlauf einer Strasse nicht auf Sicht erkennbar, die Vegetation an vielen Orten wenig aussenlandefreundlich. Bessere Geländekenntnisse und Informationen, die auch während des Fluges verfügbar sind, helfen darum sehr, wenn man mit wenig Arbeits- und Sichthöhe entscheiden muss, welche generelle Richtung zu wählen ist.
Geblendet durch den ersten einfachen Flug nach Madalena, habe ich die erste Woche mit zu frühen Starts völlig vertan. Erst in der zweiten Woche habe ich langsam gelernt, meine Flugtaktik anzupassen. Ich habe häufiger Thermik gefunden, weil ich das Gelände besser verstand. Wenn eine leichte Unruhe im Schirm mir Thermik in der Nähe anzeigte, liess ich mich geduldig treiben – meist kam ich so in Regionen von leichtem Steigen. War ich mir noch unsicher, in welcher Richtung das Zentrum zu finden ist, habe ich mich gegen den Wind gestellt – denn auf keinen Fall will man diesen glücklichen Ort zu schnell über das Thermiklee verlassen-, und die Region vorsichtig traversiert. Bereits mit diesen kleinen Anpassungen konnte ich über weite Teilstrecken hoch genug fliegen, um nervenaufreibende „low saves“ zu ersparen.
Eine ganze Menge Potenzial zur Verbesserung also. So wenig, wie Quixadá mich mit einfachen Flugerfolgen erobert hat, so wenig habe ich Quixadá durch meine fliegerische Leistung erobern können. Mit anderen Worten: dieses Fluggebiet bleibt spannend.