Über den Beginn des Bloggens

Vor mehr als zwölf Jahren, im Herbst 2003, verfasste ich das erste Mal einen Blog-Eintrag, ohne dass ich das damals so genannt hätte, denn Blogs und den Begriff „Blog“ gab es noch gar nicht. Ein kleiner Rückblick.

Anlass war eine einmonatige Indienreise. Wie konnte ich meiner daheimgebliebenen und besorgten Mutter mitteilen, wie es mir in dem fremden, fernen Land erging? Wie konnte ich sie an meinen Erlebnissen teilhaben lassen? Die Versandzeit von Postkarten von Indien nach Europa schätzte ich eher auf Wochen denn auf Tage. Telefonate schienen teuer, unzuverlässig und wegen der Zeitverschiebung unpraktisch. Wordpress, Facebook und andere Helferlein waren noch nicht erfunden.

Zum Glück hatte ich Informatik studiert, und so programmierte ich mein erstes elektronisches Tagebuch für die Homepage flugs selbst. Noch vor der Abreise nahm ich mir vor, jeden Tag einen kurzen Text zum Tag und drei ausgewählte Fotos zu veröffentlichen. Und Mama konnte diese Tagesberichte dann am Computer der Nachbarin lesen, denn selbst hatte sie keinen.

Kurz vor der Abreise hatte ich meine erste Digitalkamera erworben. Eine Canon, gekauft in der Migros. Stolz war ich darauf, und eine Riesenfreude hat mir diese neue Art des Fotografierens bereitet: unmittelbares Feedback statt tage- oder monatelangem Warten auf die Resultate, keine Materialkosten, Möglichkeiten zur Nachbearbeitung.  Welche Fülle!

Welche Fülle. Die Kehrseite zeigte sich schnell. Die Qual der Wahl nämlich, welche drei von den hunderten Fotos sollte es auf die Webseite schaffen? Ein Raster vereinfachte die Selektion. Je ein Foto aus den Kategorien, Himmel, Mensch und Erde sollten es sein. Der Mensch in seiner Verbindung zu Himmel und Erde. Ein Thema, das heute für mich aktueller den je ist.

Abend für Abend, einen ganzen Monat lang, sass ich also nach dem Flugtag in meinem Zimmer und gestaltete einen Beitrag, den ich wenig später im Internetcafé des Ortes auf die Homepage lud. Meine Mutter hat’s gefreut. Die allergrösste Freude habe ich damit mir selbst gemacht, denn diese Einträge habe ich noch oft gelesen, und mich an dieses Abenteuer erinnert.

Heute, an einem regnerischen Sonntag, habe ich diese alten Einträge in den neuen Blog übernommen, der Vollständigkeit halber. Die ursprüngliche Klarheit und Einfachheit der Gestaltung ist nur noch zu ahnen. 100%ige Kontrolle einer Programmiererin sind der halbwegs talentierten Bedienung von vorgefertigten Designs, Widgets, Gadgets gewichen. Zeitgeisterscheinung.

Fragen, über die ich damals länger nachdachte, stelle ich heute nur noch selten: Wieviel Schutz der Privatheit braucht es bei Berichten über mich und über andere in einem öffentlich zugänglichen Medium?  Wie fühlt es sich an, wenn ich ein Teil meines Lebens der Öffentlichkeit zugänglich mache? Wo liegt die Balance zwischen Themen von allgemeinem und privatem Interesse? Darf man einen Eintrag nach der Veröffentlichung noch überarbeiten?

Zum allerersten Blogeintrag geht’s hier.